Jacobi – 25. Juli – Münchner Millirahmstrudel

Die Erntefeste waren natürlich früher die größten und wichtigsten bäuerlichen Feste und diese erstreckten sich oftmals über mehrere Tage. Die Erntebräuche sind weitgehend verschwunden, da das Einbringen der Feldfrüchte heutzutage überwiegend mit Maschinen bewältigt wird. Wo früher viele auf dem Feld die Ernte einbringen mussten, genügt heute einer auf der Zugmaschine.  Die alten Tätigkeiten des Mähens, Bindens und Garbenaufstellens sind nicht mehr nötig und deshalb die damit verbundenen brauchtümlichen Handlungen nicht mehr erforderlich. Hierfür hat der Bauer heute seine Erntemaschinen.

Am Jakobstag wurde in vielen Gegenden das erste Erntefest gefeiert. Ein Teil der Ernte war ja bereits eingebracht. Obwohl noch mitten in der Einholung der Feldfrüchte wollten die Mägde und Knechte doch ein Fest feiern. Sie tranken die „Jakobsstärke“ an, damit sie beim Ernten nicht „in den Halmen stecken bleiben konnten“. An Jakobi gibt es die ersten Kartoffeln, das erste Getreide und die ersten Frühäpfel. Dass diese etwas ganz besonderes waren, können wir uns heute gar nicht mehr so richtig vorstellen. Aber früher freute man sich richtig auf diese ersten Äpfel. Die sogenannten Jakobiäpfel waren lang herbeigesehnt und mussten entsprechend bejubelt werden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass an Jakobi traditionell ein Münchner Apfelstrudel gebacken wurde. Das typische am Münchner Apfelstrudel ist, dass er einen Sahneguss bekommt.

Die Bäuerin hat für diesen Tag nicht nur einen Apfelstrudel gebacken, auch ein spezielles Roggenbrot musste her. Flache längliche Roggenbrote wurden in der Bauersküche vorbereitet, diese wurden Roggenstuten genannt. Dem Bauern blieb keine andere Wahl als ein Fass Most oder ein Fass Bier zu spendieren und die „Schnitter“ bedankten sich meistens mit einem Ährentanz. In den Alpen wanderte die Bauernfamilie auf die Alm und schaute nach den Sennen und dem Vieh. Am Abend gab es meist ein Fest und einen Hirtentanz.

Und damit Sie auch das richtige Gebäck für Ihren Hirtentanz zuhause haben. Hier das Rezept für den Münchner Millirahmstrudel:

Rezept:

Strudelteig:
300 g Weizenmehl
30 g Öl
2 g Salz
ca. 150 g Wasser

Füllung:
2000 g geschälte und geschnittene Äpfel
200 g Zucker
150 g Sultaninen
Zimt
Zitronensaft

Butter

Millirahmguss:
500 g Sahne
250 g Eier
100 g Zucker
etwas geriebene Zitrone
Mark einer halben Vanilleschote

Der Münchner Millirahmstrudel ist ein ganz besonderer Strudel. Mit seiner saftigen Apfel-Rosinen-Füllung und dem Sahne-Eier-Guss ist er ein Prunkstück auf jeder Kaffeetafel. Aber leider ist er ein wenig ins Hintertreffen geraten. Was gar nicht so sehr verwundert, hat er doch einen großen Bruder, der alle anderen Strudel in den Schatten stellt. Aber der „Wiener Apfelstrudel“ soll uns an Jakobi nicht kümmern, denn an diesem Tag kann man nur einen Münchner Millirahmstrudel backen.

Eigentlich, können Sie ja auch Ihr bewährtes Strudelrezept nehmen, den gerollten Strudel in eine Reine legen und anschließend mit dem Sahne-Eier-Guss übergießen. Aber wer noch nie einen Strudel gemacht hat, dem verrate ich hier meine Methode:

Zuerst bereite ich mir einen Strudelteig. Aus Mehl, Öl, Salz und Wasser knete ich mir einen mittelfesten Teig. Vom Wasser halte ich ein wenig zurück und schaue erst wie fest der Teig wird. Je nach Festigkeit gebe ich dann noch ein wenig Wasser nach. Wenn der Teig schön glatt ist, wickle ich ihn eine Folie und lege ihn dann für ca. 30 Minuten in den Kühlschrank, damit er sich entspannen kann. In der Zwischenzeit geht es ans Äpfelschälen. Wichtig ist es natürlich die richtigen Äpfel zu verwenden. Eigentlich sollten es ja Jakobiäpfel sein. Aber sagen Sie einmal zu dem Obsthändler Ihres Vertrauens, Sie hätten gerne ein paar Jakobiäpfel. Ich glaube kaum, dass dieser noch weiß, was Jakobiäpfel sind. Sollte Ihnen doch ein solcher Händler unterkommen, dann kaufen Sie am besten gleich ein paar Kilo mehr. Wenn er jedoch keine Jakobiäpfel hat, dann nehmen Sie einen leicht säuerlichen festen Apfel. Ein Boskop ist immer gut geeignet zum Backen. Nun aber ran ans schälen, entkernen und klein schneiden. Anschließend sofort mit Zitronensaft beträufeln, damit die Apfelschnipse nicht braun werden. In der Zwischenzeit hat sich mein Strudelteig genug ausgeruht und ich rolle ihn schön dünn aus. Anschließend lege ich ihn vorsichtig auf ein bemehltes Tuch und ziehe den Teig schön dünn aus, ca. 130 cm x 80 cm. Wenn ich eine Zeitung unterlege und ich kann immer noch meine Sportnachrichten lesen, dann ist er dünn genug. Nun bestreiche ich den Teig sorgfältig mit flüssiger Butter. Dann nehme ich meine Apfelschnipse und verteile diese in einer Breite von ca. 10 cm gleichmäßig am vorderen Rand des Teiges. Anschließend Zimt und Zucker vermischen und über die Äpfel streuen. Jetzt verteile ich noch die Sultaninen darüber. Jetzt den Strudel durch Hochheben des Tuches einrollen. Vorsichtig lege ich den Strudel nun in eine Reine. Schnell noch die Zutaten für den Guss verrühren und über den Strudel gießen. Bei ca. 190 Grad C backe ich meinen „Münchner Millirahmstrudel“ etwa eine Stunde. Nach dem Backen wird er noch mit flüssiger Butter bepinselt, damit er auch schön glänzt. Und am besten passt dazu natürlich eine selbstgemachte Vanillesoße.

Mehr alte Brauchtumsrezepte findet ihr in meinem Buch: “Heimat das Backbuch”

Heimat. Das Backbuch

Und mir bleibt nur noch übrig Ihnen gutes Gelingen zu wünschen.

 

Ihr Martin Schönleben

PS: Diesen Sonntag auf Radio Alpenwelle in der Sendung “Gsunga und Gspuid” moderiert von Bernhard Ruf, gibt es einen kleinen Beitrag von mir über den „Münchner Millirahmstrudel“. Die Sendung “Gsunga und Gspuid” kommt jeden Sonntag von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr und bringt echte Volksmusik. Also eine Empfehlung für alle, die richtige Volksmusik lieben und natürlich auch für die, die einmal meine Rezepte nicht lesen, sondern hören wollen. Einmal im Monat trage ich nämlich in der Sendung von Bernhard Ruf meine Brauchtumsrezepte vor.

Print Friendly, PDF & Email


Hinterlasse einen Kommentar mit Facebook

12 Comments

  1. Ein tolles Rezept. Vielen Dank auch für die Geschichte “drumrum”. Man lernt halt doch nie aus.

    LG

  2. Nicht dass ich die Münchner verunsichern möchte, aber die Österreicher beanspruchen den Millirahmstrudel auch für sich 😉 Rezepte gibt es jedenfalls schon seit dem Ende des 17. Jahrhunderts.

    1. Liebe Petra,

      das Besondere am Münchner Millirahmstrudel ist, die Kombination eines normalen Apfelstrudels mit einem Guss. Ein normaler Millirahmstrudel aus Österreich ist mit Topfen (Quark) gemacht, dieser fehlt beim Münchner Strudel.

      Es grüßt Martin

      1. Liebe Petra,

        ich muss mich doch berichtigen. Denn der österreichische Millirahmstrudel enthält doch keinen Topfen, sondern wird mit Semmelwürfel und Rosinen gefüllt. Also ein typisches arme Leute Essen.

        Strudelige Grüße

        Martin

  3. Beim ersten Hinsehen, dachte ich ja es wäre Lasagne! Denn dem österreichischen Millirahmstrudel kenne ich zum einen etwas dünner und zum anderen viel blasser, weil der wird ja eher gekocht als gebacken.
    Und dann darf man die Kanarimilch ja auch nicht vergessen. Aber deiner schaut nicht minder verführerisch aus.

  4. Liebe Ellja,

    wäre auch schade, wenn der Münchner Millirahmstrudel ausschauen würde, wie der östereichische Millirahmstrudel.

    Aber den Begriff Kanarimilch habe ich noch nicht gehört. Und mir ist auch nicht so klar ob damit der Millirahmguß gemeint ist, oder ob die Östereicher/innen eine Vanillesoße darunter verstehen?

    Mit ratlosem Gruße

    Martin

  5. Coucou Martin,

    nachdem ich ja die besten Erfahrungen mit deinem Blätterteig gemacht habe, werde ich mich morgen an deinen Strudelteig machen.

    Hast du als Novize für mich einen Tip, wie sich die Konsistenz des Teiges UNGEFÄHR anfühlen muss?

    1. Liebe Micha,

      ich weiß jetzt nicht, wie ich das in Worten erklären soll. Vielleicht kann man sagen ein bisschen weicher wie ein Nudelteig. Ich hoffe dir hilft das weiter. Ansonsten einfach ausprobieren.

      Es wünscht gutes Gelingen

      Martin

Comments are closed.